Ich bin ja wieder auf dem Markt. Nein, nicht auf dem Singlemarkt.
Sondern auf dem ersten Arbeitsmarkt. Das ist viel lustiger.
Und ein bischen wie bei der Partnersuche.
Man schreibt einen Lebenslauf. Neudeutsch sagt der Fachmann Profil.
Aber du trägst deinen richtigen Namen ein. Nicht etwa loverboy1970 oder flotterentnerin0815. Das wars aber auch schon mit dem Unterschied zu Elitepartner oder Tinder.
Ab jetzt gehts los mit den Alternativen Fakten:
Ganz wichtig ist, wie bei der Paarungspartnersuche auch, die Wahl des richtigen Bildes. Mein aufgemalter sixpack dürfte keinen Personaler vom Hocker reißen. Auch meine Rückansicht von Peters Jungesellenabschied ist natürlich nix für ein Bewerbungsfoto. Also wieder mal zum Passbildfotografen? Nein. Wir leben in zweitausendachtzehn. Jeder Dödel hat ein Fotohandy und alle erdenklichen Bildbearbeitungsapps. Das machen wir selbst! Und biometrisch sieht bei mir einfach unvorteilhaft aus.
Kaum hab ich nach nur hundertachtundsechzig Versuchen mit dem Handy vor verschiedenen Hintergründen ein halbwegs passables Selbstportrait zum Sieger gekürt, mache ich den Fehler und öffne das Bild. In groß. Diese blöde Kamera mit Telefonfunktion hat aber eine Auflösung, die mich in die nächste Depression treibt. Man sieht ALLES! Jede Pore, jedes Haar, jede Schuppe, jede Falte, jeden Kratzer. Der Mitesser auf dem Nasenflügel ist sogar bildschirmfüllend.
Drei Tage Bildbearbeitung. Vollzeit. Das Bild, das ich jetzt verschicke, hat mit mir nicht ganz so viel zu tun, ich gebs ja zu. Aber es zeugt von meinen Fähigkeiten mit der Software. Und von meinem unbedingten Willen. Das muß die doch beeindrucken. Hoffe ich.
Ja, ich hätte auch ein x-beliebiges Portrait aus einer gehackten russischen Bilderdatenbank im Darknet runterladen können. Aber ich wach noch vor dem verschicken der mail auf weil mir einfällt: Vielleicht laden die mich zu einem Vorstellungsgespräch ein!? Dann sehen die mich ja als Realholographie !
Das vergisst man in der digitalen Welt ganz schnell. Und plötzlich ist da kein Avatar, daß dich fragt, wo du dich in zehn Jahren siehst. Es ist ein analoger Personalchef.
Die Frage, wo ich mich in zehn Jahren sehe, ist mir tatsächlich mal gestellt worden. Ich vermute sie steht in einem Heyne-Ratgeber aus der Bahnhofsbuchhandlung. „Personalführung wie die Profis“
Gedacht hab ich damals nur: Na in einem Pool mit Nutten und genügend Koks, wo denn sonst? Gesagt hab ich was anderes.
Warum ich den Job bekommen hab weiß ich nicht.