Jetzt streiten sie wieder: Dürfen die Türken beitreten und mitspielen oder nicht. Was auf dem Taksimplatz und im Gezipark passiert, hat ganz sicher nichts mit europäisch-zivilisiertem Umgang mit friedlichen Demonstranten zu tun. Aber wer jetzt schreit, die Türkei ist weit entfernt davon, ein Beitrittskandidat zu sein, dem möchte ich in Erinnerung rufen, daß wir selbst auch eher ein Zwangsaustrittskandidat sind, denn Musterknabe: Es mag vielleicht weit hergeholt erscheinen, aber ich muß bei den Bildern aus Istanbul unwillkürlich an selbige aus Stuttgart denken, als die unsrige Executive mit Wasserwerfern und Tränengas einen Park von friedlichen Demonstranten befreite. Oder ich denke noch weiter zurück an Wackersdorf oder das Frankfurter Wäldchen am Flughafen. Und bei all diesen Protesten ging es „nur“ um konkrete Anlässe und Bauvorhaben, die staatspolitische Dimension wie jetzt in der Türkei fehlte gänzlich. Dennoch gleichen sich die Bilder in fataler Weise.
Um es deutlich zu sagen: Das, was hier passiert, dürfen wir in keiner Weise hinnehmen, es zu verurteilen unsere Pflicht. Aber Ausgrenzung ist kein Mittel. Oder aber, wir fangen damit bei uns an und trennen uns von einem Bundesland aus dem Südwesten.
Wer jetzt von „mangelhaftem Demokratieverständnis“ redet, der möge sich bitte die Bilder aus Germanien in den Archiven von ARD und ZDF zu Gemüte führen. Und die völlig berechtigte Kritik an der Türkei richtig und laut formulieren.
PS: Über den Neofaschismus in Rusland werd ich mich in Kürze auch noch aufregen…